Organische Voraussetzungen für den Spracherwerb

Gehirn:

Um eingehende sprachliche Reize verarbeiten und darauf aufbauend dann selbst produzieren zu können, muss die Hirnreifung entsprechend fortgeschritten sein. Sogenannte neuronale Netzwerke entstehen im Kleinkindalter dadurch, dass das Kind, wenn es sprachlich aktiv ist, bestimmte Gruppen von Nervenzellen gemeinsam beansprucht, verknüpft und verstärkt.

Ein Großteil der für den Spracherwerb relevanten Nervenfasern ist nur in einer der beiden Hirnhälften repräsentiert, meist ist dies die linke Hemisphäre. Diese Spezialisierung bildet sich bereits in den ersten Lebensjahren heraus. Bis zum 6. Lebensjahr besteht allerdings eine gewisse Formbarkeit (Plastizität), sodass bei einer Hirnschädigung die gesunde Hemisphäre die Funktion der anderen Hirnhälfte übernehmen kann.

In den ersten Lebensjahren ist das Kind besonders lernfähig für Sprache, was als sensible Phase bezeichnet wird. Die Dauer dieser Phase ist abhängig von der individuellen neurophysiologischen Reifung und den persönlichen Spracherfahrungen des Kindes. Ab der mittleren Kindheit wird die Sensitivität für das Sprachenlernen geringer, so als ob sich ein Fenster langsam schließt. Entwicklungsverzögerungen während der sensiblen Zeit können daher den Erstspracherwerb maßgeblich erschweren.

Gehör und Hörbahnen:

Da unsere Sprache eine Lautsprache ist, bildet ein voll funktionstüchtiges Gehör inklusive Hörverarbeitung eine maßgebliche Voraussetzung dafür.
Das periphere Hörorgan “Ohr” entwickelt sich sehr früh in der Schwangerschaft und ist bereits 3 Monate vor der Geburt funktionsfähig.
Dagegen beginnt die Reifung der Hörbahnen, die die akustischen Informationen zur Verarbeitung an das Gehirn weiterleiten, erst nach der Geburt und ist erst im Jugendalter vollständig abgeschlossen. Sie ist abhängig von dem Reizangebot, benötigt also unbedingt Stimulation, um funktionstüchtig zu werden. Frühe Hörverluste z.Bsp. durch Innenohr- oder Mittelohrfunktionsstörungen, die länger bestehen oder immer wieder auftreten, beeinflussen die zentrale Hörverarbeitung und können somit gravierende Auswirkungen auf den Spracherwerb haben.

Sprechorgane:

Damit Laute erzeugt werden können, müssen auch die Sprechorgane funktionstüchtig sein. Dies sind die Stimmlippen im Kehlkopf sowie das sogenannte Ansatzrohr mit Nasen-, Rachen-, Mundraum und seinen Sprechwerkzeugen (Lippen, Zunge, Zäpfchen, Stimmritze). Deren Funktionalität ist abhängig von der regulären zentralnervösen Versorgung durch die Hirnnerven und von der Steuerung durch die beteiligten Muskelgruppen.
Eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung der Sprechorgane ist die entwicklungsgemäße Nahrungsaufnahme: das Saugen, Schlucken, Kauen und Beißen unterschiedlicher Nahrungskonsistenzen.
Auch die Atmungsorgane müssen ausgebildet und funktionstüchtig sein, denn sie stellen den Luftstrom bereit, damit Artikulation und Stimmgebung möglich werden.

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