Sprachentwicklung - ein Kinderspiel ?
Rückblickend mag einem Erwachsenen der Erwerb seiner Muttersprache als selbstverständlich und mühelos vorkommen – ein Kinderspiel. Dabei übersieht man aber, dass es sich um die komplexeste Lernleistung handelt, mit der ein Mensch im Laufe seiner Entwicklung konfrontiert wird. Innerhalb der ersten Lebensjahre muss ein Kind nämlich sechs unterschiedliche sprachliche Wissenssysteme (u.a. Lautebene, Wortebene, Grammatik) rezeptiv und produktiv erwerben.
Den Laut-Code knacken
Sprache zu lernen ist vergleichbar mit der Entschlüsselung eines Codes – in diesem Fall eines Laut-Codes – der so komplex ist, dass es bis heute noch kein Computer geschafft hat, diesen zu knacken. Aber Kleinkinder bewältigen dies scheinbar mühelos.
Kleinkinder als lexikalische Staubsauger
Bereits früh in seinem ersten Lebensjahr gelingt es einem Säugling, aus dem kontinuierlichen Wirrwarr an Lauten, der ihm entgegenströmt, auf Grund bestimmter Betonungsmuster einzelne Wörter herauszufiltern. Nach und nach speichert es immer wiederkehrende Lautfolgen als Ganzes ab und beginnt, auf Grund seiner persönlichen Erfahrungen und Interaktionen mit seinen Bezugspersonen, diesen Wörtern eine Bedeutung zuzuweisen. Es gelingt ihm bereits mit 10 bis 12 Lebensmonaten, die ersten eigenen Worte zu produzieren. Noch vor der Einschulung verfügt es bereits über einen Wortschatz von ca. 14.000 Wörtern, den es dann bis zum 16.Lebensjahr auf ca. 60.000 bis 80.000 Wörter erhöht – also ein Lernzuwachs von 10 bis 15 Wörtern pro Tag. Der bekannte Linguist Pinker bezeichnete Kinder daher auch als lexialische Staubsauger.
Sprache: angeboren oder erlernt ?
Um Sprache erfolgreich erwerben zu können, gibt es innere wie äußere Bedingungen und Einflussfaktoren. Zunächst bringt ein Kind eine bestimme Basisausstattung mit auf die Welt, die ihm den Einstieg in die Sprache erleichtert. Darauf aufbauend spielen dann der sprachliche Input sowie die weitere neurophysiologische Reifung eine große Rolle.
Auf Grund dieser ernormen Entwicklungsaufgabe und der Komplexität der Sprache an sich, gibt es viele mögliche Störungsquellen beim Spracherwerb und Probleme können sich auf ganz unterschiedlichen Sprachebenen zeigen.